Mittwoch, 31. Dezember 2008, 21:35 Uhr
‹carte blanche› an Joachim Rittmeyer
Mass nehmen.
Zur traditionellen Silvester-Kultur-Nocturne haben wir uns kompetente Hilfe geholt, denn viel Unwägbares steht bevor, Mass muss genommen werden!
Und gegen Unwägbares hat die Menschheit zum Glück allerlei Hilfsmittel erschaffen:
Stoppuhr, Messband, Trennstab usw. helfen Zukünftiges, sozusagen schon bevor es den Boden der Realität betritt, sicher in den Griff zu kriegen.
Um auch gar nichts im Ungewissen zu lassen, überprüft Experte Joachim Rittmeyer unser existenziell-komisches Rüstzeug.
Joachim Rittmeyer, gebürtiger St. Galler, gewann 2007 den Schweizer Kleinkunstpreis. Aus der damaligen Laudatio:
Entstanden ist ein komischer Mikrokosmos, ein Schwindel erregendes Abbild der Welt….
Rittmeyers Helden tragen Namen wie Theo Metzler oder Brauchle, wirken oft etwas umständlich und kommen uns alle irgendwie sehr bekannt vor.
So bleibt im Neuen (Jahr) wohl einiges beim Alten, ungefähr so wie ja auch im alten Jahr alles neu war.
Aus einer Zusammenstellung von Einzelnummern verschiedener Programme ensteht ein witzig-poetisches Feuerwerk,
das ein massloses Jahr endgültig in den Äther spediert (ob das dann auch ganz rauchfrei gelingen wird, wissen wir aber noch nicht.)
Begründungstext zur Verleihung des Schweizer Kleinkunstpreis 2007 an Joachim Rittmeyer
Joachim Rittmeyer entspricht nicht dem Bild des typischen Kabarettisten. Ihm sind keine Sprach-Schnellfeuer zu entlocken;
im Gegenteil, beharrlich verweigern sich seine Bühnenfiguren einer eindeutigen Klassifikation und tun sich eher umständlich mit den Alltags-Misslichkeiten.
Allesamt sind sie Pseudonyme, Alter Egos Rittmeyers, die an seinen Soloabenden in verschiedenen Rollen in Dialog miteinander treten.
Die verqueren Denkmanöver, mit denen ein Schwerenöter wie sein Hanspeter Brauchle durch die Untiefen der Realität mäandert und in scheinbar unsinnige Betrachtungen abstürzt, fordern dem Publikum einiges an Geduld ab.
Doch wird es reichlich belohnt durch scharfsinnige, poetische Pointen und schlafwandlerisch sichere Symptombenennungen einer absurden Normalität.
Der Tagesanzeiger fasste die Kunst Rittmeyers als die hohe Kunst des Tiefstapelns zusammen.
1974 trat der gebürtige St. Galler erstmals mit einem Soloabend auf.
Inzwischen tourt er mit seinem 16. Soloprogramm durch die Schweiz. Immer hat er sich in seiner Karriere auch mit andern Kabarettisten, Schauspielern und Musikern zusammengetan,
hat Neues ausprobiert und sein eigenes Bühnenpersonal verändert und stetig verfeinert. Entstanden ist ein komischer Mikrokosmos, ein Schwindel erregendes Abbild der Welt.